top of page

Ein Haus für feine Herrschaften?

  • Dr. Leipold
  • 28. Apr.
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 14. Okt.

Der Erbauer des Mesnerhauses, Stadtpfarrer Peter Meindl, musste aus Pfaffenhofen fliehen. Er hatte Teile der Bevölkerung so gegen sich aufgebracht, dass es am 22. August 1798 einen Aufruhr gab und er vor bewaffneten „Weiberhaufen“ über die Hintertüre und den Misthaufen Reißaus nahm.

Das Mesnerhaus, Ende April 2025
Das Mesnerhaus, Ende April 2025

Ein gutes Jahrzehnt zuvor hatte Peter Meindl (*22. September 1745 in Hirschau, +26. September 1820 in Vohburg) anscheinend noch die Idee, auf ganz andere Art im Gedächtnis zu bleiben. Er kaufte in seinem ersten Dienstjahr am 2. März 1786 das baufällige Anwesen an der Scheyerer Straße 5. Das erschien ein logischer Schritt, denn die beiden Nachbarhäuser, das damalige Mesnerhaus (Scheyerer Straße 3) und die Lateinschule (Auenstraße 1) gehörten bereits zum kirchlichen Besitz. Durch den Kauf hatte er also im Osten, gegenüber des Pfarrhofes, eine zusammenhängende Häusergruppe geschaffen.


Der Vorgängerbau wurde ab 1666 über mehrere Generationen als Handwerkshaus von Schäfflern genutzt, also Handwerkern, die Scheffel, Fässer und Wannen herstellten. 1747 erhielt dann ein anderes Handwerk Einzug, als ein Säckler das Haus kaufte. Säckler verarbeiteten steifes Leder Ranzen, Koffer oder Stuhl-Überzüge machten. Später einmal würde dieses Handwerk vor allem Trachten-Lederhosen herstellen, doch die waren damals noch nicht verbreitet. Letztlich gab es nicht genügend Auskommen für den letzten Säckler, der 1786 - schwer verschuldet - das baufällige Anwesen durch Zwangsvollstreckung der Stadt überlassen musste. Die verkaufte es dann für die geringe Summe von 217 Gulden an Pfarrer Meindl. Drei Jahre später verkaufte der Pfarrer das Haus dann für sage und schreibe 1200 Gulden an einen Uhrmacher aus Pörnbach.


ree


Zimmer mit Stuck-Leiste im Obergeschoß
Zimmer mit Stuck-Leiste im Obergeschoß

Ein Gästehaus für Würdenträger?

Wir dürfen also annehmen, dass in der Zwischenzeit der bis heute erhaltene Neubau entstanden war. Doch welche Funktion war für dieses Haus vorgesehen? Als Mesnerhaus wurde es erst ab 1834 genutzt, als das alte Mesnerhaus daneben abgerissen wurde. (Damals verkaufte die Kirche auch die ehemalige Lateinschule.) Welche Verwendung hatte Pfarrer Meindl also im Kopf, als er den Neubau veranlasste?


Um dieser Frage nachzugehen muss zunächst die Lage des Hauses näher betrachtet werden. Durch die Ecklage und die engen Gassen zu den Nachbarhäusern war es möglich, Fenster in alle vier Richtungen an den Außenwänden zu haben. Ein wahrer Luxus mitten in der Stadt. Dazu kam, dass das Haus aus dem Verlauf der übrigen Häuser zur Scheyerer Straße hervorragte. Im Obergeschoß gab es drei beheizbare Räume, die an der Decke mit Stuckleisten verziert waren. Diese drei schönen und hellen Zimmer sind wohl der Schlüssel zum Verständnis. Bei herrschaftlichen Häusern wir der erste Stock auch als Piano nobile (italienisch: edles Geschoss) oder Bel étage (französisch: schönes Geschoss) bezeichnet und eventuell sollten wir auch diese Räume in der Scheyerer Straße 5 als solche herrschaftlichen Räume ansehen. Möglicherweise wollte der Pfarrer hier eine Art Gästehaus für hochrangige Besuche schaffen. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass er so eine Unterkunft für das 1786 neu eingerichtete, vereinte Amt des Schul- und Frühmessbenefiziaten geschaffen werden sollte.

Das große Zimmer Im Mansarden-Dach
Das große Zimmer Im Mansarden-Dach

Ein Saal im Dachgeschoß

Die Räume im Erdgeschoß dienten wohl als Wirtschaftsräume, als Küche, Waschküche und Gesindestube, die von der Herrschaft nicht unbedingt betreten oder gar gesehen werden mussten. Ähnlich führte auch der Zugang vom Obergeschoß zum Dachgeschoß wohl in einen weiteren, verborgenen Bereich der Dienerschaft. Interessanterweise ist hier auch der Überrest einer Tür nach draußen zu sehen, so dass dieser Raum wohl auch von außen oder von der Lateinschule aus zugänglich war. Im Dachgeschoß öffnet sich dann der hohe und große Raum im unteren Mansardendach. Hier laufen die Kaminschächte des Hauses zusammen. Die Funktion dieses Raums ist nicht leicht zu enträtseln. Eine mögliche Erklärung wäre, dass er für Schlafstätten des Gesindes, als Lager oder zum Trocknen von Wäsche genutzt wurde.


Ob das Haus die ihm von Pfarrer Meindl zugedachte Funktion jemals hatte ist eher unwahrscheinlich. Die Bauarbeiten scheinen noch nicht lange abgeschlossen gewesen zu sein, als er das Haus bereits wieder verkaufte. Was ihn dazu veranlasste ist ein noch ungeklärtes Rätsel.


Eines der vielen, die das Mesnerhaus noch birgt.



Diese Überlegungen zur früheren Nutzung entstanden im Gespräch mit Dr. Norbert Bergmann und durch dessen Erörterungen zum Befund und zur möglichen Baugeschichte.


Initiative "Unser Mesnerhaus"Das Mesnerhaus zählt zu den ältesten Gebäuden Pfaffenhofens. Es steht leer – und zum Verkauf. Damit dieses kulturgeschichtlich wertvolle Haus nicht in anonyme Hände fällt, möchte der Freundeskreis Mesnerhaus, eine Gruppe engagierter Bürgerinnen und Bürger, es in einer Genossenschaft erwerben, sanieren und wieder mit Leben füllen. Die Vision: ein offener Ort für Ausstellungen, Veranstaltungen, Bildung und Begegnung – mitten in der Stadt, getragen von der Bürgerschaft selbst.



#unsermesnerhaus

bottom of page