Teil 1: Eine Kindheit im Heimatmuseum
- Peter Feßl
- 27. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Erinnerungen von Peter Feßl. Das Pfaffenhofener Mesnerhaus ist nicht nur ein Denkmal. Es war auch ein Zuhause. Autor Peter Feßl, der dort in den Nachkriegsjahren aufgewachsen ist, widmet dem fast 240 Jahre alten Haus eine kleine Serie – und erzählt im ersten Teil von der letzten Familie, die dort wohnte.

Im Altersheim geboren, im Museum aufgewachsen.
Das klingt kurios, und doch stecken zwei Funken Wahrheit in dieser Aussage: Als mich nämlich 1948 meine Mutter im damaligen Pfaffenhofener Krankenhaus an einem Sonntag im Oktober zur Welt brachte, ahnte noch niemand von der späteren Umwandlung des Gebäudes in ein Altersheim. Und das Mesnerhaus, in dem ich mit meiner Familie bis 1957 wohnte, brauchte noch eine Weile, bis es frisch renoviert und saniert zum Heimatmuseum für sakrale Kunst auserkoren wurde.
Die von Willy Hailer wunderbar geschilderten Episoden aus dem Beamtenviertel machten Lust, dem historischen Mesnerhaus, seiner interessanten Umgebung und den besonderen Lebensumständen ebenfalls einige Zeilen zu widmen.
Zehn Jahre Mesnerhaus zu dieser Zeit bedeuteten zehn an Erlebnissen reiche Jahre bei gleichzeitiger Nachkriegsarmut. Wobei das Wohnenkönnen im Mesnerhaus noch ein Glücksfall war: Mein Vater Englbert war bei der AOK beschäftigt und musste gegen Kriegsende Parteimitglied werden, um den Arbeitsplatz nicht zu verlieren, was bei drei Kindern problematisch geworden wäre. So aber kam das Problem eben postwendend nach Kriegsende, als alle Parteimitglieder entlassen wurden. Die Stelle des Pfarrmesners war gerade frei, mein Vater bekam vom Stadtpfarrer Grimm diese Stelle zugewiesen und das Mesnerhaus wurde unser Zuhause. Ich kam als viertes Kind dazu und nach der Entnazifizierung wurde mein Vater wieder bei der Krankenkasse eingestellt. Allerdings starb er nach all den Wirren sehr früh, ich war erst fünf Jahre alt, und meine Mutter war nun Witwe mit vier Kindern und fast ohne Versorgungsleistungen. Dieser Umstand dominierte die Zeit im Mesnerhaus und war prägend für das ganze weitere Leben.
Noch ein Glücksfall gesellte sich dazu: Als mein Vater wieder zur AOK wechselte, musste die Mesnerstelle neu besetzt werden. Vaters Nachfolger wurde Josef Scherer, weil Scherer aber „in der Draht“ nur wenige Meter von der Kirche entfernt wohnte, durfte meine Familie im Mesnerhaus wohnen bleiben. Josef Scherer durfte dafür jeden Monat bei uns vorbeikommen und eine kleine Monatsmiete einkassieren.
Dieser monatliche Besuch bedeutete immer einen kleinen Ratsch und ein bisschen Austausch von Neuigkeiten; ich freute mich regelmäßig über diese willkommene Abwechslung.
Kleinigkeiten waren es, die den Tag gliederten, große Ereignisse standen nicht auf der Tagesordnung. Es gab kein Fernsehen, Dauerbeschallung durch alle möglichen Geräte fand nicht statt, Telefon leisteten sich nur wenige Pfaffenhofener, Handys und Computer mussten erst erfunden werden. Da war Platz für Lesen, Geschichten erzählen, Melodien selber auf dem Klavier probieren. Unser Klavier war unser wertvollster Schatz. Zwar alt und dauerhaft verstimmt, aber im Besitz aller schwarzen und weißen Tasten. Und kein Schlager, den ich irgendwann einmal aus unserem ebenfalls sehr alten Radio gehört hatte, war vor mir sicher. Das bereitete Freude, wenn auch nicht für alle.
Wie sich das Leben im historischen Mesnerhaus aus dem Jahre 1788 mit seinem schmucken Mansard-Walmdach damals abspielte, was Nachbarschaft seinerzeit bedeutete, und welche Besonderheiten im Gedächtnis bis heute stark verankert sind, wird in weiteren Folgen zu berichten sein. Die ganze Serie im Pfaffenhofener Kurier.
Initiative "Unser Mesnerhaus"
Das Mesnerhaus zählt zu den ältesten Gebäuden Pfaffenhofens. Es steht leer – und zum Verkauf. Damit dieses kulturgeschichtlich wertvolle Haus nicht in anonyme Hände fällt, möchte der Freundeskreis Mesnerhaus, eine Gruppe engagierter Bürgerinnen und Bürger, es in einer Genossenschaft erwerben, sanieren und wieder mit Leben füllen. Die Vision: ein offener Ort für Ausstellungen, Veranstaltungen, Bildung und Begegnung – mitten in der Stadt, getragen von der Bürgerschaft selbst.
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